Hallo zusammen,
jaaaa, - und da isser wieder mal und ich möchte erneut meine Eindrücke - was das Fahren in dieser Brüllmaschine betrifft - wieder geben.
Vorab bitte ich jedoch um Entschuldigung denn (leider) ist die von mir gewählte Überschrift nicht ganz korrekt.
Von einem "Fahrbericht" kann man eigentlich nicht direkt sprechen da ich nur knappe 20 Minuten mit dem Auto und dann auch nur als Beifahrer unterwegs war.
Doch diese knapp 20 Minuten haben einen weiteren unvergeßlichen Eindruck auf mich hinterlassen und als Beifahrer empfindet man die Eindrücke vielleicht sogar noch intensiver da man regelrecht der jeweiligen Fahrsituation hilflos ausgeliefert ist.
Daher alles mal aus einer anderen Perspektive beschrieben. Es ist alles mehr eine Art Erlebnisbericht.
OK, - wie alles begann:
Ich fuhr zu einer Mercedes-Benz-Niederlassung um dort einen Tacho von einem SL Modell R230 zu reparieren. Nun ja, - nicht Beonderes, - so etwas kommt ab und zu mal vor.
In der Niederlassung angekommen folgte nach der üblichen Begrüßung, dem typischen bla bla sowie die normalen Neckereien mit den Meistern und Serviceleitern der Gang zu meinem improvisierten Arbeitsplatz den ich mir mit meiner mobilen Ausrüstung dann weiter "einrichte".
Sogleich kam auch schon der Mechaniker um die Ecke und drückte mir den zu reparierenden Tacho in die Hand und sagte, daß er das Gerät schon mal ausgebaut hat damit ich das nicht machen brauche.
OK, - kurzes bla bla wie nett das doch ist usw. .....
Ich nahm das Gerät mehr teilnahmslos entgegen, richtete mich weiter am Tisch ein und fing dann an das Gerät zu öffnen.
In diesem Moment sah ich zum ersten mal auf die Vorderseite des Tacho und sah auf eine 360Km/h - Geschwindigkeitsanzeige
Ui ui ui...... was bitte ist DAS denn?!?!
Welcher "alte" SL hat denn so etwas?? Ich kannte diese Geräte von AMG zwar bereits aus der Verganheit, aber da reichte die Skalierung immer "nur" bis 300 oder 330.
War das etwa ein AMG von Brabus etc.???
Wie auch immer, - die Reparatur des Gerätes hat natürlich absolute Priorität für mich! Dennoch geisterte in meinem Kopf ständig die Frage was das denn für ein SL war. Ein SLS oder sogar SLR konnte es nicht sein. Diese Tachos kenne ich ebenfalls, - sehen aber anders aus als dieser hier.
Nach der Reparatur ging ich dann mit dem Gerät unter dem Arm zu dem Mechaniker und sagte ihm, daß wir den Tacho nun einem Praxistest unterziehen können. Meßtechnisch war schon mal alles wieder top, - dennoch mache ich immer gerne einen Praxistest um absolut sicher zu sein.
Der Mechaniker ging mit zusammen zum Serviceleiter um ihn darüber zu informieren, daß der Tacho nun wieder eingebaut und eine Probefahrt gemacht wird. OK, - dann folgte der Gang zum Auto.
Nach ein paar Metern sah ich auch schon das Wägelchen welches eher einen optisch unspektakuären Eindruck machte. Joaa, - auch wenn dieses Modell nun auch schon in die Jahre gekommen ist, ist der R230 sicherlich nach wie vor sehr schick! Die schnittige Form und die AMG-typischen Features geben dem gelungenen Gesamtdesign auch noch den letzten Schliff. Dennoch ist die Ausstrahlung nicht so auffällig wie z.B. bei einem Lamborghini oder Ferrari. Schnittig, aber auch etwas brav wenn nicht sogar bieder. Mercedes eben.
Der Mechaniker baute schon mal den Tacho wieder ein und ich schaute mir den SL von allen Seiten genauer an.
Tja, - und nun sah ich auch den Grund warum die Skalierung bis 360 reichte! Da stand seitlich "V12 Kompressor" drauf
Au weia ..... - nur mal zur Info, für Leute die dieses Modell noch nicht kennen, was dieses Zeichen leistungstechnisch bedeutet: irrsinnige 612 PS!!!!! und unvorstellbare 1000 Nm!!!!!
Irgendwie mußte ich sofort wieder an meine vorigen Berichte hier im Forum denken ....... - puhhhhhh, - und dieser "Ofen" hier hat auch noch etwa 200 PS mehr als ein M3 (E90) ......
Der Mechaniker fragte mich, ob ich fahren möchte um den Tacho zu prüfen. Doch das habe ich lieber abgelehnt da ich weder die Stadt hier noch das Auto und erst recht keine 612 PS kenne .......
Es ist nun mal nicht mein Auto und wenn ich aus welchen Gründen auch immer "Mist" mache, dann ist Ärger vorprogrammiert!
Der Mechaniker war in seiner Art absolut trocken, - ja fast schon emotionslos und sagte nur "OK, - dann fahr ich eben".
Ich setzte mich dann auf den Beifahrersitz und war überrascht mit welch einer Selbstverständlichkeit er "mal eben" die Probefahrt in einem derartigen Geschoß machen wollte.
Für einen Moment hatte ich noch etwas Zeit und schaute mir das Interieur des SL´s genauer an. Leute, - ich weiß, - kein BMW-Mensch möchte so etwas hören, - aber das Auto ist auch von innen schick und wertig verarbeitet!
Doch nun kommts: .......
Vorab: Wer es schon einmal zuvor gehört hat wenn z.B. "nur" ein SL55 den Motor startet, dann weiß er sicherlich wie groß die Augen des Zuhörers werden. Dieses abgrundtiefe und sehr laute Grollen dominiert einfach alles!
Der SL65 kann das scheinbar noch etwas besser ..... Selbst im Innenraum dieses SL´s bekommt man eine Gänsehaut wenn der Motor anspringt.
Der Sound paßt meiner Meinung nach überhaupt nicht zu einem "typischen" "Brav-Und-Bieder-Mercedes!. Aber es ist nun mal ein AMG, - und damit eben nix mit brav und bieder!
Das extrem laute Grollen beim Starten ist der Hammer! Extrem beeindruckend und man fühlt sich quasi gezwungenermaßen genötigt auch aus Entfernung umzudrehen um diese Geräuschquelle zu orten.
Der Mechaniker rollte im Standgas ganz langsam vom Betriebsgelände auf die freie Wildbahn. Auch hier fällt beim Innengeräusch auf, daß das alles nichts mit einem typischen Mercedes zu tun hat. Das brummt innen ganz schön laut! Es ist leider sogar ein eher dröhnendes und somit unangenehmes Brummen. Als "toll" habe ich das nicht gerade empfunden, - eher als nervend.
Das Betriebsgelände ist dort recht groß und man muß erst einmal etwa 500 m fahren (in diesem Fall rollen) bis wir zur Straße kamen.
So mußten wir erst einmal eine Weile durch die Innenstadt um auf eine längere Gerade sowie die BAB zu kommen.
Naja, - durch die Stadt fahren ist natürlich nichts Besonderes, jedoch merkte ich sofort diese unbändige Kraft wenn wir an einer grün werdenden Ampel losfuhren. Der Fahrer gab kaum Gas und die Drehzahlnadel ging dabei vielleicht auf 1100 oder höchstens 1200 U/Min hoch. Ich habe den Tacho natürlich ständig beobachtet da ich die Funktionen prüfen mußte. Dieses minimale Beschleunigen war aber auch jedes mal mit einem ordentlichen Bumms im Rücken verbunden. Es ging quasi kaum "behutsam".
So kommt man dann natürlich mit dem Fahrer ins Gespräch der nach wie vor äußerst gelassen war. In diesem Zusammenhang fragte ich nach einer längeren Geraden wo man die Nadeln auch mal in etwas höhere Bereich treiben konnte. "Ja ja, kommt gleich" so seine Antwort.
In der Tat kamen wir am Stadtrand zu einer breiten und völlig freien langen Gerade. Es sagte noch bei etwa Tempo 50 zu mir "Jetzt nicht erschrecken, ich gebe mal Vollgas" und dann trat er das Pedal durch ...........
Parallel zu einem brutalem Hammerschlag im Rücken begleitete ein gewaltiger akustischer Aufschrei von Vorne als Antwort auf diese Vollgasorgie ......
Leute, ...... als Beifahrer erlebt man so etwas sicherlich noch einen Hauch intensiver, aber der Druck im Rücken war so stark, daß er schon beinahe in Richtung Schmerzen ging. Doch parallel hierzu weiß ich nun was man unter einem "aufgeblasenem 12-Zylinder" im wahrsten Sinne des Wortes versteht. Diese Zwangsbeatmung des Motors wird akustisch derart dominierend vollzogen, daß man den Motor selbst scheinbar kaum noch hört. Man hört mehr dieses Kompressorgeräusch daß wahrlich jegliche Unterhaltung im Innenraum zum sterben lassen kommt. Wahnsinn wie laut so ein Mercedes sein kann!!!
Mit Worten kann man das nur schwerlich zu 100% nachvollziehbar beschreiben, aber stellt Euch einfach mal vor ihr fahrt mit einem ständig brummenden Auto und plötzlich bei Vollgas platzt eine dicke Lufthochdruckleitung neben Euch. Es ist in der Tat wie eine Art Aufschrei des Motors.
Da ich scheinbar völlig benebelt und irritiert zugleich war schaute mich der Mechaniker an und fragte, ob ich die Nadeln im Tacho gesehen habe ......
Meine Güte, - SPINNT DER ETWA?!?!?! Da wird man (beinahe schmerzhaft) mit einem 1m x 1m Amboß in den Sitz geballert und er fragt ob ich die Nadeln im Tacho gesehen habe???
Ich sagte darauf, daß ich auf den Katapulttritt im Rücken nicht richtig vorbereitet war und somit die Nadeln nicht beobachten konnte.
"Ja, - das ist schon ganz ordentlich" so seine Worte,- "aber jetzt können wir das ja mal mit Kick-Down machen, das ist noch deutlich heftiger da er dann noch einen Gang herunter schaltet" ........
(Kein Witz, das war wirklich genau so!)
Ein lautes "Boh eh" wäre jetzt auch nicht die falsche Wortwahl. Jetzt mal Hand aufs Herz, - der Wagen hatte große Mühe diese bereits erlebte Kraft auf die Straße zu bringen und ich merkte sehr deutlich wie stark die Elektronik eingreifen mußte um den Wagen überhaupt in der Spur zu halten! Es war deutlich ein gewisses Schlingern der Heckpartie zu spüren.
Nun kam das Hinweisschild mit der Autobahnauffahrt. Dem folgten wir und es ging auf den Beschleunigungsstreifen. Auch hier sagte er bei etwa Tempo 50 , - ich trete jetzt mal voll durch mit Kick-Down.
OK, - nun war ich zumindest halbwegs auf den folgenden Tritt in den Hintern vorbereitet und wußte mit was diese Aktion verbunden ist.
......................... Leute, - ich weiß nicht wie ich DAS bitte beschreiben soll. Das hat meiner Meinung nach nichts mehr mit Auto fahren zu tun, - zumindest nicht so wie man es selbst bei Sportwagen kennt.
Hier geht es nicht mehr um "Druck im Rücken" und steigende Drehzahlen, Kuppeln und Schalten oder Motorsound etc.
Das ist alles mehr ein schlagartiges brutales Aufschreien des Motors begleitet von einer eher schmerzenden Beschleunigung. Man wird in den Sitz geballert daß einem bald die Sinne schwinden! 612 PS!!! und 1000 Nm,....... Leute, - das ist eine GANZ ANDERE WELT! Ich weiß nicht wie ich das sonst beschreiben soll.
Diese Kick-Down-Aktion forderte spürbar die gesamte Elektronik des Wagens da man richtig gemerkt hat, daß hierbei teilweise die Leistung nicht mehr auf die Straße gebracht werden konnte und somit reduziert wurde. Das Stabilitätsprogramm war auch quasi kurz davor die weiße Fahne herauszuholen da selbst die 285ger Reifen einfach nur noch in haltlose Rotationen versetzt wurden. Das Heck des Wagens wankte ständig von links nach rechts während dieses Vortriebs und der SL fraß regelrecht die Straße vor ihm auf.
Mein Gott, - was bitte ist DAS denn??? WER bitte braucht so etwas???
WIE masochistisch muß man veranlagt sein um so etwas haben zu müssen bzw. zu nutzen? Das ist einfach nur noch brutale Power und erinnert mich schon ein wenig an diese Dragster-Rennen.
Als Beifahrer wird man völlig hilflos diesen brutalen Kräften und der entstehenden Geräuschkulisse ausgesetzt. Man ist kaum fähig einen klaren Gedanken zu fassen da man durch den gewaltigen Druck im Rücken, der dominierenden Kompressorakustik und der vorbeirasenden Umwelt quasi nur nur zu einem "Tunnelblick" empfindungsfähig ist. Man kann sich nur mit Übung auf andere Dinge - .... z.B. die Tachonadeln
.... - konzentrieren.
Ich war zutiefst beeindruckt von dieser Power und fragte den Mechaniker, ob er denn irgendwelche Auffälligkeiten am Tacho bemerkt hätte.
Aber er lachte dabei und sagte, daß er sich bessere auf die Straße konzentriert und nicht bei Vollgas erst einmal in aller Ruhe den Tacho beobachtet ...... - naja, - wenigstens ist er hierbei "vernünftig"
So kam eine kurze Phase, wo er den SL mal eben - "mal eben" ist hier wahrlich ehrlich gemeint und somit wörtlich zu nehmen!! - auf 250 Km/h bringen konnte um auch den Drehzahlmesser sowie die Geschwindigkeitsanzeige zu prüfen.
Ich kann es gar nicht so betonen wie ich es gerne möchte, - aber bei Tempo 200 dann Vollgas mit Kick-Down in diesem SL zu erleben ist einfach nichts mehr für einen "Normalfahrer". Das ist quasi so, als ob man gerade an einer Ampel sehr zügig losfährt! Der Wagen schaltet bei 200 Km/h herunter und haut einen in die Sitze! Punkt und Ende!
Das I-Tüpfelchen hat mir der Fahrer dann noch auf der Autobahn mit einer Aktion versetzt. Als Beifahrer mit 200 Km/h unterwegs zu sein ist sicherlich Übungssache da ich scheinbar noch dabei viel zu sehr "selbst fahre" ...... Ich wußte schließlich nie wann der Fahrer erneut das rechte Pedal durchdrückt und das laute Gebrüll sowie der Druck im Rücken wieder losgeht.
Während meiner "Hochkonzentrationsphase" bei Tempo 200 fragte der Fahrer, ob ich die Massagefunktion und die Sitzbelüftung in den Sitzen schon kenne ......
Hähhh?? Was ist??
Sogleich zeigte er mir die entsprechenden Tasten und so wurde ich in meinem Gedanken- & Gefühlswirrwarr auch noch mit dem nun bekannten Druck im Rücken durchmassiert ......
Das Auto ist wahrlich etwas für Sado-Maso-Anhänger ......
Ganz klar: Das ist kein "anderes Fahren" mehr, - das ist Fahren in einer anderen Dimension! Es spielt mit 612 PS und 1000 Nm einfach keine Rolle mehr wie schnell man fährt. Es ist Leistung ohne Ende verfügbar, - und man kann diese jederzeit bei Bedarf äußerst brutal in Szene setzen!
Ich habe nun ja schon einige PS-Boliden gefahren und dachte da bereits so manches mal "wer braucht so etwas?", aber hier sind wir - gemäß meinem jetzigen Wissens-/Erlebensstand - in der ENDSTUFE (würde Roooooobert von den Geissens wahrscheinlich sagen).
Als es dann wieder zurück zu Mercedes ging fuhr der Mechaniker wieder ganz gemächlich. Diese "Ruhe" im Auto, die ich vorher noch als nervendes Gedröhne bezeichnet hatte bzw. so empfand, tat richtig gut. Da merkt man erst einmal welchen Krach der Kompressor und der Motor erzeugt.
Erstaunlich auch wie brav sich der SL plötzlich verhält wenn man ganz normal durch die Stadt fährt. Das Fahrwerk ist sicherlich recht hart gewählt. Man merkt jede Unebenheit auf der Straße. Aber so ein SL ist nun mal generell gesehen keine S-Klasse!
Wieder bei Mercedes angekommen stieg ich dann aus und schaute mir noch einmal beim weggehen den SL an. Tja, - da stand er wieder da - so ganz brav und ein wenig bieder, ---- sicherlich schnittig elegant, aber auch ein wenig unscheinbar. Ein wenig wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde!
Ich war dann fast wieder an meinem Arbeitsplatz und hörte plötzlich wieder dieses brutale abgrundtiefe Grollen das beim Starten des aufgeblasenem 12-Zylinder entsteht. Der Mechaniker mußte den Wagen noch einmal umsetzen --- und "Mr. Hyde" erwies sich erneut die Ehre .....
Diese Fahrt hat mich nachhaltig beeindruckt! Ich werde diesen Tag sicherlich nicht vergessen. Es war richtig schlimm, als ich mich in meinen Wagen wieder setzte um nach Hause zu fahren. Das war in der tat so als ob ich einen untermotorisierten Kleinwagen hätte .....
Wer die Chance hat einmal mit so einer Granate zu fahren oder mitzufahren, dem kann ich nur raten diese Chance zu nutzen.
420 PS im M3 sind der Hammer schlechthin, - keine Frage. Aber 612 PS und 1000 Nm im SL65 AMG ....... - sorry, - das ist einfach noch eine Kategorie höher.
Achso, - ein weiteres Begleitthema: Durch den Ausbau des Tachos werden automatisch alle errechneten Durchnittswerte resettet. Dazu gehört auch der Durchschnittsverbrauch.
Im Tachodisplay fiel mir während der Stadtfahrt auf, daß der Durchschnittsverbrauch zwischen 22 und 30 Litern lag .....
Zum Schluß der "Erlebnisfahrt" zeigte das Display im Tacho 23,5 Liter auf 100 Km an .....
Tja, - wo gehobelt wird fallen Späne .... Die 12 aufgeblasenen Geschworenen da vorne fordern nun mal ihren Tribut! :mrgreen-angel:
Gruß aus Werne
Guido