Der Spiegel hat den neuen 6er auch getestet:
www.spiegel.de/auto/fahrberichte/0,1518,271064,00.html
BMW 645CI
Fliegen lernen
Von Jürgen Pander
Wird die Tür des neuen BMW 6er Coupés geöffnet, fällt der Blick zuerst auf die rötlich aufglimmende Schwelle mit dem BMW-Schriftzug. Eine indirekt beleuchtete Einstiegsleiste - das macht natürlich Eindruck. Der Rest des Autos übrigens auch.
Am besten nähert man sich dem neuen, großen Coupé von BMW von vorne und geht in die Hocke. Dann liegt die riesige, vollkommen glatte Motorhaube da wie ein See bei Windstille. Auch wenn man dem neuen Design der Münchner Marke bislang skeptisch oder gar ablehnend gegenüber stand: Mit dem 6er, der ab 10. Januar in den Handel kommt, haben Chefgestalter Chris Bangle und sein Team ein optisch sehr schlüssiges Fahrzeug geformt. Anders als bei 7er oder 5er passen die Proportionen, stimmt die Linienführung und - der größte Unterschied - das Auto wirkt fertig designt.
"Das Auto hat ein skulpturhaftes Auftreten" sagt BMW-Entwicklungsvorstand Burkhard Göschel. Dann räumt er ein Versäumnis ein: "Die großen Coupés sind bei BMW ja lange vernachlässigt worden." Nun aber wird die Tradition wieder bemüht. Vom Vorkriegs-Modell BMW 327 über den BMW 503 aus den fünfziger Jahren, die legendäre CS-Baureihe, die zwischen 1968 und 1975 gebaut wurde bis hin zur 6er Reihe und zum BMW 850. Vor vier Jahren war erst einmal Schluss, der neue 645 Ci soll das Geschäft mit den Luxussportwagen nun wieder ankurbeln.
Verdienen lässt sich mit dem Auto bestimmt prächtig. 72.000 Euro kostet der Wagen ab Werk Dingolfing. Zu diesem Preis ist das Auto schon recht üppig ausgestattet, doch viele technische Finessen, die BMW gerne hervorhebt, müssen extra bezahlt werden. Das Kurvenlicht (600 Euro) ebenso wie die Aktivlenkung (1000 Euro), das sequenzielle Getriebe (1250 Euro) ebenso wie das Navigationssystem mit Spracheingabe und Farbbildschirm (2900 Euro). Aber auch für Getränkehalter (100 Euro) oder Metallic-Lack (1000 Euro) verlangt BMW Extragebühren, und so werden wohl nur wenige Autos dieses Typs für weniger als 80.000 Euro in Kundenhand übergehen.
Noch beeindruckender als der Blick in die Preisliste ist der Tritt aufs Gaspedal des neuen Modells. Der V8-Motor schnurrt so sanft, dass man es kaum glauben mag, wenn die Tachonadel zum Beispiel 140 km/h anzeigt - bei gefühlten 40 Sachen. Der Vergleich mit dem Fliegen drängt sich auf, denn bequem eingebettet in die Ledersitze, vor sich das dicke Dreispeichen-Lenkrad und das angenehm reduzierte Cockpit, fühlt sich der BMW 6er so ähnlich an wie ein Airbus nach Erreichen der Reiseflughöhe. Sogar die elektronische Stabilitätskontrolle (DSC) greift unhörbar ein - lediglich eine Warnleuchte im Cockpit signalisiert, dass das System den Wagen gerade stabilisiert.
Nicht jedem gefällt das. Mancher möchte schon mehr hören und spüren von seinem Sportwagen, und als solcher wird der 645 Ci schließlich positioniert. Erst nahe der Höchstdrehzahl klingt der Motor richtig kernig. Andererseits ist es schon etwas Besonderes, so viel Leistung mit so viel Ruhe zu erbringen. Mit dem 6er ist es so wie bei einem Athleten ohne Schweißdrüsen: Man merkt ihm die Anstrengung nicht an.
Fahrspaß bietet das serienmäßig mit einem Sechsgang-Schaltgetriebe bestückte Auto allerdings maximal für zwei Insassen. Das Gerede vom "vollwertigen 2+2-Coupé für alle Gelegenheiten" ist Quatsch. Auf den hinteren Plätzen ist es so beengt, dass auch gelenkige, schlanke und gesittete Erwachsene darüber fluchen werden. Und, wo wir gerade bei der Interieur-Kritik sind: Es fehlen - erstens - höhenverstellbare Sicherheitsgurte, und es stört - zweitens - der absolut unelegante Buckel, unter dem der Navigations- und Bordcomputer-Bildschirm steckt, die Ästhetik des Armaturenbretts.
Andere Details dagegen strahlen durchaus jene Souveränität und Qualität aus, die man bei einem Auto dieser Kategorie erwarten muss. Zum Beispiel der Schaltknauf, die Form der Mittelkonsole, die Drehschalter oder die Ledernähte der Sitze und der Türverkleidungen.
Zur Sicherheitsausstattung des Autos zählen unter anderem eine Bremsbelag-Verschleißanzeige, ein adaptives Bremslicht, das umso heller leuchtet, je stärker das Bremspedal getreten wird, Notlauf-Reifen, Reifenpannen-Anzeige sowie sechs Airbags. In den USA, nach Einschätzung von BMW dem Hauptmarkt für den 6er, gehören übrigens zusätzlich Knie-Airbags für Fahrer und Beifahrer zum Lieferumfang. Eher für den europäischen Markt interessant ist die Anmerkung Burkhard Göschels, ein 6er mit Dieselmotor sei "nicht undenkbar". Vielleicht wird künftig ja auch ein Selbstzünder fliegen lernen.
schnipp
Beim Spiegel gibts noch Bilder.